Generationskonflikt Social Media

Computertaste mit Aufschrift "Digital Natives" | © kebox - Fotolia.com

Junge Menschen sehen Soziale Medien anders.

h2l Kommunikation beschäftigt sich jetzt schon einige Jahre mir den Chancen (und Risiken) der Sozialen Online-Medien. Dabei haben wir viel gelernt – über die ausgereifte Technik, über Kommunikation allgemein, über Inhalte und über Multimedia. Doch eine der wichtigsten Erkenntnisse bildete sich erst langsam heraus: Die komplett unterschiedlichen Sichtweisen von jungen und älteren Menschen auf diese ungeheure technische Revolution. Da ist ein “Knoten” in unserer Gesellschaft. 

Viel wurde schon geredet über die so genannten “Digital Natives” – die Generation, die mit digitalen Techniken, speziell dem Internet, aufgewachsen ist und diese in ihren Alltag integriert hat. Im Gegensatz dazu sollen die anderen stehen – meist ältere Menschen, die noch antquierte Techniken wie Wählscheiben-Telefon, Schreibmaschine oder Faxgerät kennen. So einfach ist das natürlich nicht. Es gibt Menschen, die sich auch in fortgeschrittenem Alter noch für die neuen Kommunikationsformen begeistern können. Und es gibt auch unter den jungen Leuten digitale Analphabeten. Die Mehrheitsverhältnisse jedoch sind klar – und sie bremsen die Entwicklung der digitalen Gesellschaft, speziell in Deutschland.

Wir arbeiten mit kleinen und mittleren Unternehmen zusammen, deren Entscheider meist erfahrene Unternehmer sind. Diese Verantwortlichen haben zumindest verinnerlicht, dass ihr Unternehmen heute online erreichbar sein muss. Darum kommen sie meist mit dem Anliegen zu uns, eine neue Website erstellen zu lassen. Schon das Thema Redaktionssystem führt nicht selten zu einem panikartigen Gesichtsausdruck. Kann ich das? Überfordert mich das? Wieviel Zeit kostet es? Auch, wenn wir diese Bedenken schnell zerstreuen können: Das nächste Problem steht schon vor der Tür.

Denn als verantwortungsbewusste Kommunikationsagentur können wir bei einem Online-Konzept die Sozialen Medien natürlich nicht außen vor lassen. Zumindest müssen wir darüber reden. Also stellen wir Fragen. Sind Sie schon aktiv in einem Sozialen Medium? Nein – warum nicht? Kennen Sie die Möglichkeiten? Und kennen Sie die Maßnahmen der Mitbewerber in diesem Bereich?

Bevor wir dann zu weiteren wichtigen Fragen kommen, wird meist schon die Notbremse gezogen. Von “Facebook finde ich doof” über “Damit kenne ich mich nicht aus” bis hin zu “Das ist nichts für mich” haben wir schon so ziemlich jede ablehnende Äußerung gehört – und zwar in erster Linie von Entscheidern der älteren Generation (schon ab 40 Jahre).

Würden Sie potenzielle Kunden ausschließen?

Eine Frau, die erschrocken kuckt | © yanlev - Fotolia.com

Ängste können abgebaut werden

Nun gibt es natürlich (noch) Unternehmen, für die Social Media vielleicht nicht geeignet sind. Doch um diese Frage beleuchten zu können, muss man sich doch zumindest mit den Kommunikationsformen der Gegenwart beschäftigen. An diesem Punkt hapert es meist. Ein Kunde sagte uns: “Ich habe mich mal bei Xing angemeldet, aber dann habe ich eine Menge Kontaktanfragen von Leuten bekommen, die ich nicht kannte. Das war mir dann zu gefährlich und ich habe das Konto wieder löschen lassen”.

Dieser Satz zeigt, wie groß das Unwissen über Soziale Netzwerke bei vielen ist – es ist doch gerade gewollt, in einem geschäftlichen Netzwerk wie Xing auch (noch) nicht bekannte Geschäftskontakte kennen zu lernen. Die Reaktion dieses Kunden, übertragen auf etablierte Kommunikationsformen, könnte man so umschreiben: “Neulich hat ein Kunde unseren Laden betreten. Den hatte ich vorher noch nie gesehen! Das war mir zu gefährlich, seitdem halten wir die Tür verschlossen und lassen keinen mehr rein”.

Weg mit dem Telefonanschluss?

Der Zeitaufwand für die Pflege von Website und Sozialen Medien wird von vielen ebenfalls sehr kritisch gesehen. Wir würden lügen, wenn wir sagen würden, dass das keine Zeit kostet. Doch bei einer modernen Online-Präsenz handelt es sich um Kommunikationskanäle, die in der Gesellschaft immer wichtiger werden! Welches Unternehmen käme auf die Idee, den Telefonanschluss abzuschaffen, weil es zuviel Zeit kostet, Anrufe anzunehmen?

Wenn wir unseren Kunden erzählen, dass wir generell “dauer-online” sind, wird nicht selten geschmunzelt und die süffisante Frage angeschlossen: “Und wann arbeiten Sie?”. Dabei besteht doch jede Arbeit – vor allem jede Kunden-Akquisition – auch aus Kommunikation, und eben diese findet (ob man es gut findet oder nicht) heute weitgehend online statt.

Viele unserer Kunden sind zudem verschreckt von den Datenmengen, die im modernen Web entstehen. Damit liegen sie absolut richtig; vor allem in den Sozialen Netzwerken tummelt sich jede Menge Datenschrott, der zu einem großen Teil nicht von Belang ist. Wenn wir unseren Kunden unsere Twitter-”Timeline” zeigen – eine lange Liste mit kurzen Texten, die sich sekündlich aktualisiert – kömmt häufig die Frage “Wann soll ich das denn alles lesen?”. Die Antwort ist ganz einfach: gar nicht. Es geht in den Sozialen Medien nicht darum, alles zu lesen, zu kennen und zu beantworten. Man soll und darf selektiv sein und sich bei der Frage, warauf man reagiert, von seinem Gefühl leiten lassen.

Das Gefühl entwickeln

An der Stelle geht es darum, das Gefühl genau dafür zu entwickeln und sich darauf einzulassen. Wenn man weiß, dass die heutige junge Generation diese Techniken quasi “mit der Muttermilch einsaugt”, muss man als Unternehmen vor allem im Hinblick auf die Zukunft den Blick auf diese neuen Medien richten.

Junge Menschen holen heute E-Mails sekündlich mit ihrem Smartphone ab. Sie verabreden sich per WhatsApp, informieren sich über Twitter, unterhalten sich rund um die Uhr über Facebook – und konsumieren auch zunehmend über das Internet. Natürlich darf man das persönlich doof finden. Doch Online-Kundendialog (Fragen zu Produkten, Bewertungen, Lob oder Kritik) ist für immer mehr Menschen eine Selbstverständlichkeit; wer das nicht bieten kann, wird ignoriert. Ein Unternehmen, das aus Unkenntnis oder gar Unlust diese Entwicklung an sich vorbeirauschen lässt, ist auf lange Sicht zum Scheitern verurteilt.

Es gibt viele Chancen

Doch wir wollen gar nicht allzu sehr drohen, sondern sprechen auch die Chancen an. Denn auf der anderen Seite können die profitieren, die jetzt die Zeichen der Zeit erkennen und sich – vielleicht sogar gegen die eigenen, persönlichen Ansichten – auf diesen Zukunftsmarkt der Social-Media-User einlassen.

Und ist es nicht ohnehin für jedes Unternehmen ein Gewinn, mit Kunden direkt in Kontakt treten zu können? Ist es nicht besser, auf eine Beschwerde (öffentlich) reagieren zu können, als auf diese keinerlei Einfluss zu haben? Ist es nicht eine große Chance, den eigenen Kundenservice in einem Sozialen Medium ganz öffentlich darzustellen, Kulanz zu zeigen und damit zu “wuchern”? Und ist es nicht schön, zu wissen, dass man eine Online-Fangemeinde hat, die man jederzeit auf schnellstem Wege über Neues aus dem Unternehmen informieren kann?

Diese Argumente bringen wir natürlich auch in Kundengesprächen an. Die häufigste Entgegnung, die wir dann hören, ist das böse Wort “Shitstorm”. Ja, so etwas gibt es! Wegen eines (vermeintlichen) Fehlverhaltens rotten sich Nutzer zusammen und überschwemmen die Seiten eines Unternehmens mit unschönen Einträgen. Allerdings sind davon in der Regel große Unternehmen betroffen. Mir ist kein Unternehmen bekannt, dass auf Grund eines solchen Ereignisses pleite gegangen wäre; zumal nicht, wenn es geschickt darauf reagiert und die Diskussion angenommen hat. Die Unternehmen, die darauf besonders einfühlsam (eben menschlich) reagiert haben, haben davon meist sogar später profitiert.

Relationen wahren

Im Übrigen gilt: Was man dramatisch als “Shitstorm” bezeichnet, ist kein online-spezifisches Problem. Es ist fehlgeleitete menschliche Kommunikation, wie sie im täglichen Leben und in anderen Medien auch vorkommt. Denn man darf nie vergessen: Soziale Netzwerke sind nichts anderes als eine moderne Form menschlicher Kommunikation – Kommunikation, die im weltweiten Netz stattfindet und die dadurch eine Vielzahl neuer Möglichkeiten bietet. Vor Kommunikation sollte zunächst niemand Angst haben. Man kann davon profitieren – aber eben auch darunter leiden. Wer jedoch menschliche Umgangsformen im “wirklichen Leben” gelernt hat, kommt damit auch online ganz weit. Es steckt gar kein großes Geheimnis dahinter.

Wir können unsere Kunden nur immer wieder ermuntern, sich auf das “neue Internet” einzulassen. Es ergeben sich neue Einsichten und Möglichkeiten. Die (zweifellos auch vorhandenen) Risiken müssen erkannt, benannt und vermieden werden. Doch all das kann nur lernen, wer sich damit beschäftigt – und sich auch ein bisschen faszinieren lässt. Wie die junge Generation. Erst dann wird sich dieser Knoten lösen.

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